3. HLUTI JÓLAHÁTÍÐ Í BOTNI

Im Hochgebirge ist der Mensch den Gewalten ausgeliefert, ob eine glückliche Rückkehr gelingt, liegt nicht in seiner Hand.

Der Junge hatte aufmerksam zugehört. Im tiefsten seines Innern hatte er schon lange gewusst, was der Freund auf dem Herzen hatte, bevor dieser es ausgesprochen hatte. Er hatte sich deshalb in den vergangenen Monaten mehr als einmal heimlich die Frage gestellt, ob er bereit sei Benedikts Mission weiterzuführen.

Jedes Mal hatte ihn jedoch ein gewisses Unbehagen erfüllt, wenn er darüber nachdachte. Angst war es nicht, denn er war mutig und selbstbewusst. Schließlich kam er seinem Zögern auf den Grund: Diese Reise im Advent müsste er ohne seinen Faxi machen, tagelang würden sie getrennt sein. Schon die Vorstellung machte ihn unruhig, denn das Pferd ließ niemanden anderen an sich heran als seinen jungen Herrn.

Gleichzeitig wusste er: Sein Namensvetter hing ebenso an seinem Pferd wie er selbst und brachte dieses Opfer nun schon seit vielen Jahren – wie konnte er ihm also seinen Wunsch abschlagen? Außerdem spürte er, dass er für diese Aufgabe bestimmt war. Deshalb sagte er zu, verschwieg dem Freund aber nicht seine Ängste und Bedenken.

Der Alte verstand ihn nur zu gut und versuchte ihn zu beruhigen: „Dein Pferd wird es lernen, einige Tage ohne dich auszukommen, meines hat es auch geschafft. Da es das Wetter so gut mit uns meint, müssen wir noch nicht sofort aufbrechen. Du hast noch ein wenig Zeit, es darauf vorzubereiten und wenn das Hoch anhält, sind wir schnell zurück und die erste Trennung wird nicht so lang.“

Die folgenden Nächte schlief der Junge im Stall bei seinem Pferd und als die Zeit des Abschieds gekommen war, nahm er es mit ins Freie. Dort schmiegte er sich an den Freund, streichelte lange seinen Kopf und flüsterte ihm etwas ins Ohr, dann zeigte er auf den Stall. Faxi blies mit den Nüstern als wollte er sagen, dass er verstanden habe, und trottete ruhig zurück.

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Die Männer brachen auf. Bei dem herrlichen Wetter folgten ihnen Eitill und Leó zügig. Der Hund lief fröhlich bellend voraus und auch der alte Widder schien besser gelaunt, als es normalerweise seine Art war. Pétur und Sigríður standen vor dem Haus und winkten ihnen nach.

Gerne ließ Sigríður ihren Jungen nicht gehen, aber sie wusste, dass er seinen eigenen Platz im Leben finden musste und sie ihn nicht aufhalten durfte. Auch das Wetter machte ihr den Abschied leichter, da es versprach, dass sie es schaffen würden, pünktlich am Weihnachtsabend zurück zu sein – und natürlich war sie  stolz auf ihren Ältesten!

Die Männer kamen gut voran und schon am frühen Abend erreichten sie die Hütte für die erste Rast. Sie machten Feuer versorgten die Tiere, füllten die Vorräte in den Schränken für die kommenden Expeditionen auf und besserten die Hütte aus, die im vergangenen Winter ordentlich Schaden genommen hatte. Erst dann stärkten sie sich selbst mit Kaffee und heißer Suppe.

Auch wenn es wie immer nahezu wortlos zuging, musste der Alte sich eingestehen, dass die Nähe des jungen Freundes ihm guttat. Er fühlte sich einfach beruhigend an, hier oben auch ein menschliches Wesen an seiner Seite zu wissen. Deshalb sagte er: „Du weißt, wie froh ich bin, dass du mein Aufgabe übernehmen willst. Aber das letzte Jahr hat uns vor Augen geführt, wie gefährlich sie ist und wie schnell man in Situationen gerät, die ohne menschliche Hilfe tödlich enden können. Ich bitte dich, schau dich schon nach unserer Rückkehr nach einem Freund um, der dich begleitet, wenn ich es nicht mehr kann.“

Am nächsten Morgen machten sie sich ausgeruht auf den Weg in das Gebiet, das Benedikt nach verlorenen Schafen abzusuchen pflegte. In der Mitte des Areals hatte er sich vor vielen Jahren einen Unterschlupf gebaut. Die Hütte war nicht mehr als ein Erdloch mit einer Falltür.

Sie hatte ihm auch im letzten Jahr Schutz vor dem mörderischen Sturm geboten und doch wäre sie in diesem Winter tatsächlich beinahe zu seinem Grab geworden, denn die Schneemassen hatten die Luke komplett verschlossen und es hatte nicht viel gefehlt, dass er in seinem schützenden Loch erstickt wäre.

Da das Wetter diesmal jedoch so freundlich war, konnte Benedikt seinen Freund auf all diese Gefahren in Ruhe vorbereiten. Schon auf dem Weg hatte er ihn auf jeden Stein, jeden Felsvorsprung aufmerksam gemacht. Er hatte ihn alles abtasten lassen, was ihm Orientierung bieten konnte, wenn die Sichtverhältnisse nicht so günstig waren wie in diesen Tagen.

Auch ihre Suche nach verlorenen Schafen stand unter einem guten Stern. Benedikt zeigte dem Freund jeden versteckten Winkel, in dem die Tiere Schutz suchten und sie fanden alle lebendig und gesund. Nun waren Eitill und Leó gefragt, die Herde zusammenzuhalten und in Richtung Tal zu treiben. Die ganze Strecke war an einem Tag nicht zu schaffen, deshalb wollten sie sich vor dem letzten Abstieg in der Hütte noch etwas Ruhe gönnen.

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Doch in den Bergen kommt das Wetter oft aus dem Nichts. Schon in der Nacht erwachten die Freunde von den heftigen Stürmen, die mit maßloser Gewalt um die Hütte tobten. Am Morgen war es nicht besser geworden. Es wurde nicht hell, die Schneeflocken waren wie eine Mauer um die Hütte.

Was tun? Hier ausharren und auf besseres Wetter warten –  bei nun wieder aufgefüllten Reserven einigermaßen bequem?  – Oder den Abstieg wagen? Diese Entscheidung musste der alte Benedikt ganz allein fällen, denn er war der Erfahrenere von beiden. Konnte man es wagen?

Die Verantwortung lastete schwer auf ihm, doch schließlich entschied er sich dafür, den Heimweg anzutreten. Im letzten Jahr hatte er es unter noch widrigeren Umständen geschafft, und in Gedanken sah er immer wieder Sigríður, der er im Stillen versprochen hatte, dass sie ihren Sohn am Weihnachtsabend wieder gesund bei sich haben würde.

So kämpften sie sich durch den Sturm und setzten ihre Schritte vorsichtig und mit Bedacht. Doch plötzlich schien das Glück sie verlassen zu haben. Der Junge stolperte über ein unsichtbares Hindernis, stürzte und verletzte sich den Knöchel so arg, dass er nicht mehr auftreten konnte. Der Alte versuchte ihn zu stützen, aber beiden fehlte die Kraft, sich gegen den Sturm auf diese Weise mehr als ein paar Schritte vorwärts zu bewegen. Mit Mühe erreichten sie einen Felsvorsprung, der sie ein wenig schützte.

„Was habe ich getan“, fragte Benedikt sich voller Verzweiflung und die unzähligen Einwände der Leute schossen ihm hier in dieser Eiswüste erbarmungslos durch den Kopf. „Für ein paar fremde Schafe das Leben riskieren?“  –  Sein eigenes Leben betreffend, hatte er dies immer mit Überzeugung  bejaht. Aber für diesen Jungen, der – ein Idealist wie er selbst – sein Leben voll Vertrauen in seine Hände gelegt hatte und noch so jung war, konnte das nicht gelten. In seiner Not tat er etwas, was er in seinen einsamsten Momenten nie getan hatte, er fing an zu beten: „Großer Gott, bitte lass diesen unschuldigen Jungen hier nicht sterben!“

Was war zu tun? Sich allein auf den Weg machen, um Hilfe zu holen? Auch wenn es nicht mehr allzu weit sein konnte, die Entfernung schien ihm zu groß, um rechtzeitig wieder zurück zu sein. Ihm grauste bei der Vorstellung, bei seiner Rückkehr den erfrorenen Jungen in der Eiswüste zu finden.

Dieser ahnte, mit welchen Gedanken sein Freund  sich quälte und versuchte ihn zu trösten:  „Ich kenne dich nun schon mein ganzes Leben, du bist nicht nur mein bester Freund, sondern mein Vorbild geworden. Ich habe dich so manches Jahr mehr tot als lebendig aus den Bergen zurückkommen sehen und konnte ahnen, welchen Gefahren du unterwegs ausgeliefert warst.

Ich habe dich dafür bewundert. Ich habe dich bewundert für deinen Mut und dafür, wie wenig du auf das Gerede der Leute gibst, wenn es darum geht das zu tun, wovon du überzeugt bist. Ich habe mich ganz allein dafür entschieden, dein Lebenswerk fortzusetzen und  bin stolz, darauf, dass du mich als deinen Nachfolger ausgesucht hast. Bitte versuch den Abstieg ohne mich! Rette dein Leben, es ist auch die einzige, winzig kleine Chance, die mir bleibt…“

So machte sich Benedikt schweren Herzens auf den Weg.

Fortsetzung am 4. Advent

Das kleine Video unten zeigt, wie die Künstlerin María das Aquarellbild der im Schnee eingefangenen Schafe erstellt und welche interessante Technik sie dabei verwendet!

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MARÍA SIGRÍÐUR GÍSLADÓTTIR

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