Manchmal kommt es ganz unverhofft angeflogen – oder besser gesagt angetrappelt – und wird jeden Tag ein bisschen größer!
Welches Pferdemädchen hat ihn nicht, den Traum vom eigenen Pferd?
Jahrelang stand auf meinem Wunschzettel für das Christkind an oberster Stelle ein eigenes Pferd.
Zwar hatten wir schon eins in der Familie, aber die Islandstute Lukka gehört meiner Mama – und das ist eben nicht dasselbe. Irgendwann war mir jedoch klar, dass weder das Christkind noch meine Eltern in nächster Zeit dafür sorgen würden, dass sich mein Traum verwirklicht.
Also habe ich mir vorgenommen, irgendwann einmal in der Lage zu sein mir meinen größten Wunsch selbst zu erfüllen. Von diesem Irgendwann, das war mir jedoch klar, war ich noch Lichtjahre entfernt.
Aber wie das Leben so spielt, sollte es plötzlich anders kommen, und ich bin schon heute die glücklichste Pferdemama der Welt!
Der Anlass für diese unverhoffte Wendung war eigentlich nicht so schön, denn vor zwei Jahren begann Lukka plötzlich zu stolpern und es kam innerhalb von einer Woche zu zwei Stürzen, Gott sei Dank ohne schlimme Folgen.
Der Tierarzt vermutete eine schmerzhafte Entzündung im Vorderbein und empfahl nach der Behandlung ein wenig Pause auf weichem Boden, bevor wir sie wieder vorsichtig anreiten sollten, um zu sehen, ob das Problem behoben war. Also wurde Lukka fürs Erste für eine vorläufige Pause auf eine Wiese entlassen.
Schon bald stellte sich „vorläufig“ jedoch als unrealistisch heraus. Obwohl sich alles bestens entwickelte und Lukka von meiner Schwester, einer Freundin und mir ohne Probleme geritten wurde, fühlte meine Mama sich nicht mehr so sicher auf ihr.
Da meine Schwester und ich inzwischen wegen des Studiums nicht mehr in der Nähe wohnten und die Freundin zu wenig Zeit hatte, um Lukka regelmäßig zu reiten, mussten wir neu überlegen. Ein 18-jähriges, fittes und motiviertes Pferd in die Rente zu schicken fühlte sich irgendwie falsch an.
Also suchten wir nach einer Lösung bei der wir weiterhin gemeinsam Spaß haben könnten.
Wieder war es mein Papa, der schließlich die Idee vom Züchten ins Spiel brachte. Das ist eigentlich nicht weiter verwunderlich, denn auch bei unserem ersten Fohlen war er es, der davon träumte, Geburt und Aufzucht eines Fohlens einmal live zu erleben – erstaunlich genug, da er im Alltag mit Pferden eigentlich nichts zu tun hat, außer sich an unserer Begeisterung zu freuen.
Auf diese Weise sind wir schon einmal zu einem Fohlen gekommen, das inzwischen Reitpferd ist und uns allen viel Spaß macht. Doch wozu sollten wir weiterzüchten? – Wir brauchten ja eigentlich im Moment kein weiteres Pferd.
Eher scherzhaft brachte ich den Vorschlag in den Familienrat ein, dass man ja auch noch zwei Fohlen aus Lukka ziehen könnte – eins für meine Schwester und eins für mich. Wenn alles nach Plan gehen sollte, wären die beiden in dem Alter zum Anreiten, wenn wir mit dem Studium fertig wären, Ein tolles Geschenk zum Examen, oder?
Nie hätte ich damit gerechnet, dass mein Papa auf diesen Zug aufspringen würde und ehe er es sich vielleicht anders überlegte, begann ich sofort konkrete Päne zu schmieden.
Oder vielleicht hätte ich doch damit rechnen können? Schließlich hatte er mir, als ich noch klein war, auch ein Hausschwein, Ziegen im Garten und einen alten Wallach genehmigt, der schon lange nicht mehr reitbar ist.
Meine Mama hatte das alles (zum Glück) zu verhindern gewusst.
Das eigentlich Verwunderliche in unserer aktuellen Familiendiskussion war nun die Reaktion meiner Mama: Sie war diesmal gar nicht mal so abgeneigt und mein Papa brauchte kaum noch Überzeugungsarbeit zu leisten, bis Mama auch mit im Boot saß.
In den nächsten Wochen durchforstete ich WorldFengur und YouTube auf der Suche nach dem passenden Hengst für Lukka. Sollte das Fohlen vier- oder fünfgängig werden? Welches Gebäude würde das der Stute am besten ergänzen? Ist mir die Farbe wichtig? Das waren alles Fragen, die mir dabei im Kopf herumschwirrten. Schließlich habe ich mich am Ende für Teigur vom Kronshof entschieden.
Vor etwa einem Jahr lieferten wir unsere Lukka alle vier gemeinsam am Kronshof ab, wo sie einige Wochen auf großzügigen Weiden mit Teigur und seinen anderen Stuten verbrachte.
Wir waren alle glücklich, als die Nachricht kam, dass sie aufgenommen hatte, aber noch glücklicher waren wir darüber, wie gut sie aussah, als wir sie abholten. Ihr schien die freie Zeit richtig gut zu bekommen!
„Hoffentlich wird es eine Rappstute“, dachte ich. Das war mein größter Traum!
Doch je näher der ausgerechnete Termin heranrückte, desto unwichtiger wurden mir diese Äußerlichkeiten. Eine Stute wäre toll, aber Fuchs wäre doch auch gar nicht so schlimm, war in Gedanken mein erster Kompromiss, aber schon bald verabschiedete ich mich auch davon. Und am Ende war es „wie im wirklichen Leben“: Ich dachte wie die meisten werdenden Eltern: Ob Junge oder Mädchen ist doch egal, Hauptsache gesund!
Das Fohlen war für Anfang April ausgerechnet, aber es ließ sich Zeit. Wir warteten schon zwei Wochen, als endlich die Nachricht kam, dass Lukka sich nun vorzubereiten schien. Von diesem Tag an checkte ich jeden Morgen als erstes mein Handy und wünschte mir so sehr, endlich von diesem zermürbenden Warten erlöst zu werden.
Doch nichts. Tage- und wochenlang nichts. Innerlich wurde ich langsam nervös. Konnte es sein, dass doch etwas schief gelaufen war während der Trächtigkeit?
Doch dann, am 1. Mai 2018, rief mich Papa nachmittags an. Ich war gerade in der Bibliothek, um für meine bevorstehende Klausur zu lernen und war froh, dass ich überhaupt ans Telefon gegangen bin.
Denn bei einem Anruf von meinem Papa um fünf Uhr nachmittags rechnete ich gar nicht damit, dass es sich um Lukka und ihr Fohlen handeln könnte. Aber mein Papa sagte mir direkt, dass das Fohlen gerade auf die Welt gekommen und er mit Mama auf dem Weg dorthin sei.
Währenddessen kam mir eine Freundin entgegen und aufgeregt hüpfte ich von einem Bein aufs andere: „Das Fohlen ist da, das Fohlen ist da!“ Mein ganzer Freundeskreis wartete nämlich inzwischen fast genauso ungeduldig wie ich selbst auf das Pferdebaby. So hüpften wir also zusammen auf dem Flur der Bibliothek auf und ab vor Freude.
„Ist ein Fuchs,“ sagte meine Mama ins Telefon. „Ach, es gibt doch auch schöne Füchse,“ lag mir auf den Lippen, doch da musste Mama schon lachen und meinte, dass es ein Rappe sei. Doch ob es nun ein Hengst oder eine Stute war, hatte sie in der Aufregung selbst vergessen zu fragen. Ein paar Minuten später kam die SMS von Papa: Ist eine Stute!
Das kleine Fohlen ist also genau nach Wunsch geraten und ist wirklich das größte Geschenk, das ich je bekommen habe!
Die Entscheidung für einen Namen fiel mir schwer und ich musste mir die Kleine erstmal selber anzugucken, bevor ich mich festlegen würde.
Nach meiner Klausur konnte ich dann endlich zu ihr fahren und entschied mich nach einigem Hin und Her für Lóla. Lóla vom Freyenberg.
Natürlich bin ich ganz begeistert von Lóla. Ich finde eigentlich alles toll, was dieses kleine Pferdchen macht, und könnte sie stundenlang beobachten – wie richtige Eltern halt. Ich bin eben auch ein bisschen Mama geworden.
Es ist auch rührend anzuschauen, wie fürsorglich Lukka sich um ihre kleine Tochter kümmert. Es scheint, als hätten wir genau die richtige Aufgabe für sie gefunden.
Danke Lukka!
Marie Papenfuß