Mein erstes Pferd habe ich geschenkt bekommen, weil seine Besitzerin nicht mit ihm klarkam und es loswerden wollte. Mit meinen damals elf Jahren war ich natürlich viel zu jung für ein Problempferd, doch davon habe ich euch ja schon berichtet.Ich brauchte eine Weile, um das Ganze zu verarbeiten, aber dass ich wieder ein eigenes Pferd wollte, war von Anfang an klar.
Dass es etwas dauern würde, war nicht schlimm, denn wir hatten eh kein Geld, um eins zu kaufen. Doch meine Eltern legten jede Krónur zurück, um mir eines Tages meinen Traum zu erfüllen – und natürlich sparte auch ich so gut es ging von meinem Taschengeld.
Als ich dreizehn wurde, war es endlich so weit: Unsere gemeinsamen Ersparnisse reichten für mein erstes eigenes Pferd. Was für ein Moment, als meine Eltern mir eröffneten, dass der Augenblick da war, von dem ich schon so lange träumte!
Es ist zwar schon ein ganzes Weilchen her, aber ich erinnere mich genau an den Tag, als wir ihn abholten, meinen Glanni, ein fünfjähriger Fuchsfalbschecke mit drei Sternen, einer davon schwarz.
Mit seiner auffälligen Farbe war er ein absoluter Hingucker, aber auch vom Wesen her genau das, was ich gesucht hatte, freundlich und cool. Obwohl er noch so jung war, ließ er sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Gleich in den ersten Tagen sind wir in Hella ausgeritten und das klappte sofort ohne Probleme. Als wir uns eines Nachmittags wieder auf den Weg machten, hatte ich nicht daran gedacht, dass an diesem Wochenende in der Nähe ein großes Turnier im Gange war.
Als ich es realisierte, war es zu spät. Die gestern noch so ruhige Straße war nun voll mit Pferdeautos, die hin- und herpreschten, ein Pferdehänger nach dem anderen überholte uns oder kam uns entgegen.
Glanni ließ sich davon nicht im mindesten beeindrucken, bis ein Jeep – heutzutage würde man wohl SUV sagen – langsamer fuhr, uns schließlich überholte und am Ende eines Zauns stehen blieb.
Mir schien, als habe Glanni das Auto aus den Augenwinkeln registriert, als es vorbeifuhr, jedenfalls hob er den Kopf, als es anhielt, begann laut zu wiehern und beschleunigte seine Schritte.
Aus dem Auto stieg ein älteres Ehepaar, beide schätzungsweise um die siebzig, der Mann auf einen Stock gestützt. Glanni hörte nicht auf zu wiehern und als wir bei ihnen ankamen, blieb er unaufgefordert stehen. Die Gesichter der alten Leutchen hättet ihr sehen sollen:
Alle beide strahlten über beide Backen und die alte Dame rief: “ Ist das nicht unser Glanni?“
Als ich das bestätigte, fügte sie erfreut hinzu: „Ich habb´s doch gleich gesagt, dass das unser Glanni ist!“, und erklärend fügte sie hinzu: „Wir haben ihn gezüchtet und mit drei Jahren verkauft.
Wir hatten ihn irgendwie immer besonders lieb und haben viel an ihn gedacht. Es ist so schön, ihn wiederzusehen und noch schöner ist es zu wissen, dass er jetzt bei einem so lieben Mädchen ist!“
Da bin ich abgestiegen und habe gerührt beobachtet, wie die beiden ihrer Freude freien Lauf ließen und Glanni herzten und knuddelten – und dieser hat es sichtlich genossen!
Da sagt mir noch einmal jemand, Pferde würden „ihre“ Leute nach einigen Jahren nicht mehr wiedererkennen! Glanni hat dies definitiv getan. Jedenfalls hat er niemals wieder ein ähnliches Verhalten bei anderen Personen gezeigt.