Wir freuen uns sehr, dass Heidi wieder Zeit für uns gefunden hat.
„Ihr wollt also noch mehr alte Geschichten hören?“, fragt sie fröhlich. Und ob wir wollen, denn ihre beiden ersten Geschichten für HestaSaga waren bereits auf großes Interesse bei unseren Lesern gestoßen.
Diese Geschichte gibt es auch als Podcast
Auch mit der neuen Geschichte führt Heidi uns wieder mehrere Jahrzehnte zurück in die Zeit, als mehr und mehr Isifans auf die Insel reisten, um dort ihr Traumpferd zu finden, so wie auch Heidi sich immer wieder aus diesem Grund auf die Reise machte. Noch heute leuchten ihre Augen, wenn sie von dieser Zeit spricht, wo alles neu und aufregend war. Durch ihre Erzählungen wird jedoch auch deutlich, wie anders die Pferdewelt damals war.
Einen Punkt hebt sie dabei besonders hervor: „Wir hatten noch längst nicht das Wissen und die technischen Möglichkeiten, die heute Standard sind, und da blieben natürlich Fehler nicht aus“, gibt sie freimütig zu, und fährt fort:
„Ein Hengstkauf ist mir da besonders in Erinnerung geblieben, der war spannender als jeder Krimi, nichts für schwache Nerven! Heute kann ich über diese Episode lachen, aber damals? Da ist mir zunächst ganz schön das Herz in die Hose gerutscht!“
Was war geschehen?
Seit ihrem ersten Besuch auf dem Landsmót war viel passiert. Heidi hatte sich bereits seit einiger Zeit in das Abenteuer Zucht gestürzt und sich energisch an die Umsetzung ihrer Vision gemacht:
Langfristig sollte man auch in Deutschland hochwertige Islandpferde erwerben können, das war ihr Ziel, denn nicht jeder Isifan konnte sich schließlich auf die lange Reise machen, um sein Traumpferd zu suchen. Natürlich kamen für dieses ehrgeizige Projekt nur die besten Vererber in Betracht und Heidi schaute sich dafür erneut auf dem Landsmót um.
Dort eroberte Bassi frá Bakka spontan ihr Herz. Er war einfach unglaublich! Sie erinnert sich, dass er mit einer Beinverletzung in die Bahn geschickt wurde und sich trotzdem hervorragend präsentierte. Das imponierte ihr und sein Auftritt überzeugte sie davon, dass er genau der Hengst war, den sie suchte – und sie machte den Kauf perfekt.
Leider musste sie sich fast ein halbes Jahr gedulden, bis wieder ein Transport nach Deutschland ging und der Hengst gemeinsam mit anderen Pferden die Insel verließ.
In Neubronn wurde Bassi bereits ungeduldig erwartet – und das nicht nur von Heidi: Auf den heimischen Weiden stand bereits eine Herde von dreißig Fremdstuten für den Deckeinsatz des Stars aus Island bereit.
Doch das Warten schien sich gelohnt zu haben: Der Hengst machte seinen Job zur Zufriedenheit aller und die Stuten wurden nach und nach abgeholt. Nun musste man eigentlich nur noch gespannt das nächste Frühjahr abwarten, dann würde sich zeigen, ob er die Erwartungen erfüllen würde.
Aber Heidi konnte sich nicht so recht freuen, sie hatte von Anfang an ein komisches Gefühl in der Magengegend, das sie einfach nicht loslassen wollte. Irgendwie hatte sie ihre Neuerwerbung anders in Erinnerung. Sollte sich das Pferd in dem halben Jahr so verändert haben?
Leider trog sie ihr Bauch nicht. Im Herbst kam Freyja, die isländische Vorbesitzerin, zu Besuch nach Neubronn und stellte entschieden fest:
Das ist nicht Bassi!
Dieser Satz saß wie ein Paukenschlag!
„Ich kann euch gar nicht beschreiben, wie ich mich damals gefühlt habe, als wir realisieren mussten, was wohl passiert war: Unser Hengst war offensichtlich auf dem Transport vertauscht worden!
Wir mussten der Tatsache ins Auge sehen: Dreißig Stuten waren in gutem Glauben vom falschen Hengst gedeckt worden – eine Katastrophe! Sofort setzten wir Himmel und Hölle in Bewegung, um die Verwechselung aufzuklären und herauszufinden, wo Bassi geblieben sein mochte. Das ging dann auch recht schnell:
Neben unserem Bassi hatte sich Blossi frá Stóra-Hofi im Transport befunden, ebenfalls Fuchs und von ähnlichem Gebäude und Alter. Letzterer stand jetzt bei uns auf der Weide und erfreute sich seines Lebens, und unser Hengst war irgendwo im Osten Deutschlands gelandet.
Beide Tiere waren ohne Kennzeichnung auf die Reise geschickt worden, was damals durchaus nicht unüblich war. Transportpferden hatte man häufig nur eine Nummer ins Fell geschnitten, aber selbst das passierte nicht immer“, erklärt Heidi.
„Der Schock saß tief und ich muss zugeben, dass ich ein mulmiges Gefühl hatte es den Stutenbesitzern zu beichten. Aber da half ja nichts! In so einem Fall ist absolute Ehrlichkeit selbstverständlich und wir informierten sofort alle von der Verwechslung Betroffenen.
Und was soll ich euch sagen: Keiner hat Theater gemacht und mit Prozess oder Regressforderungen gedroht, – nichts, rein gar nichts! Natürlich hat sich positiv ausgewirkt, dass der andere Hengst auch nicht von schlechten Eltern war.
Aber trotzdem – dass alle so gelassen geblieben sind und das Ganze als das genommen haben, was es war – ein Irrtum, der unter diesen Umständen einfach passieren konnte, hat uns schon beeindruckt – und natürlich sehr erleichtert!
Glück gehabt“, lacht Heidi fröhlich.
Wir überlegen, wie das heute wäre – was natürlich eine rein theoretische Überlegung ist, da schon seit einiger Zeit alle Pferde mit einem Chip gekennzeichnet die Insel verlassen. Aber wir sind uns ziemlich sicher, dass man heute bei jeder möglichen Unsicherheit bezüglich der Abstammung mit anderen Reaktionen rechnen muss.
Und noch etwas fällt Heidi zum Schluss ein: Dem Spediteur war sein Irrtum so peinlich, dass er ihr eine junge Stute schenkte, um damit für seinen Fehler um Entschuldigung zu bitten. Eine großzügige Geste – auch das wäre heute vielleicht anders!
Vor dem Zeitalter von Transponder und Kaltbrand wurden Pferde auf Island an den Ohren gekennzeichnet. Ähnlich wie es bei Schafen üblich war, wurden an den Ohren bestimmte Markierungen eingeschnitten.
Viele alte Importpferde, die der ein oder andere vielleicht kennt, haben großen Lücken im Ohr. Da dies nicht besonders ansprechend aussah, suchte man nach Alternativen. Anfang der 80er Jahre löste der Frostbrand die Ohrmarkierung ab. Bevorzugt an unauffälligen Stellen, wie z. B. unter dem Sattel oder der Mähne, wurde den Pferden mit flüssigem Stickstoff eine Nummer kalt gebrannt.
Die beiden Füchse Bassi und Blossi hatten weder die eine noch die andere Kennzeichnung. Vor dem Export wurde lediglich die Exportnummer ins Fell der Pferde hineingeschnitten. Heute werden die meisten Pferde auf Island mit einem Transponder gekennzeichnet. Beim Export aus Island wird ein Equidenpass mit einer Eigentumsurkunde ausgestellt.
2 Responses
hallo Hestasaga-Team,
ich lese diese Geschichte „Ein Hengstkauf wird zum Krimi“ nun zum zweiten mal durch, weil sie so gut geschrieben ist und
weil ich erst heute die Papiere eines Bassisohnes vom Beritthof „Islandpferde am Auensee“ abgeholt habe.
Da hab ich natürlich das ein oder andere im Netz nochmal angeschaut, was auch nicht das erste Mal ist.
Ach, und was muß ich diesmal feststellen? Bei „Stormhesta“ fehlt bei den Nachkommen von Bassi einer von 2012, natürlich meiner.
Mein süßer, kleiner „Bjalfi“, den ich für heutige Tage so unüblich gekauft habe, ist da niiicht einetragen!!! – Boa – unglaublich.
Ist das normal, daß da evtl. nur eine Auswahl eingetragen ist?
Sie kennen doch so viele Geschichten! …
Mit pferdefreundlichen Grüßen
Barbara L.
Hallo Barbara,
es freut uns sehr, dass Dir die Geschichte gefallen hat und dass Du es uns auch mitteilt hast!
Wegen Deiner Frage, ob eine Auswahl bei den Pferdeeintragungen in die Online-Datenbanken getroffen wird, kann ich Dir folgendes berichten:
a) WorldFengur (Ursprungszuchtbuch der Islandpferde) http://www.worldfengur.com werden alle reinrassige Islandpferde erfasst.
Seit einigen Jahren werden alle in Deutschland geborenen Fohlen in WorldFengur eingetragen. Die Pferde, die vor dem „Stichjahr“ geboren sind, werden nach und nach erfasst. Bei Islandpferden die weder für Zucht- noch für Sport eine Verwendung finden, gibt es „Eintragungslücken“ weil die Pferde nirgends aktiv erscheinen.
Auf der IPZV Homepage ist ein Formular für die Eintragung (kostenpflichtig) in WorldFengur. Dieses Formular kannst Du herunterladen, ausfüllen und mit Kopie von der Eigentumsurkunde zurück schicken. Dann wird Dein Pferd wenige Tage später in WorldFengur erfasst.
Du kannst auch auf der Homepage vom IPZV einen Kostenlosen WorldFengur Zugang beantragen (falls du Mitglied bei einem IPZV angeschlossenen Ortsverein bist). Dann kannst Du über die Paddock Funktion auch Bilder oder Kommentare über Dein Pferd hinterlassen.
b) Stormhestar, ist eine freie Datenbank im Internet
Jeder Pferdehalter kann sein Pferd mit Abstammungsinformationen selber eintragen. In dem Fall müsstest Du es einfach selber machen
Ich hoffe Dir geholfen zu haben.
Viele Grüße
Kristín