Geschichtenabend im Gangpferdezentrum Aegidienberg

Vier Islandpferdemenschen der ersten Stunde sitzen am Donnerstagabend im Festzelt an der Ovalbahn in Aegidienberg.

Ullu Becker, Helga Podlech, Walter Feldmann und Wolfgang Berg hatten sich Zeit genommen, um aus der Zeit zu plaudern, als  die ersten Islandpferde in Deutschland heimisch wurden.

Das Festzelt war bis auf die letzten Reihen gefüllt, was sehr deutlich zeigte, wie groß das Bedürfnis ist, etwas aus den  Anfangsjahren zu erfahren.

Die an diesem Abend sehr humorvoll vorgetragenen Geschichten und Anekdoten waren wie Puzzleteilchen, die gemeinsam mit Filmen aus den 60iger und 70iger Jahren diese Zeit wieder aufleben ließen.

Auch wenn der Abend viel zu kurz für ein Gesamtbild war, bekamen die Zuhörer einen kleinen Eindruck und man spürte am Ende der Veranstaltung  die Lust des Publikums bald mehr von diesen Aufbruchsjahren zu erfahren.


Als die Moderatorin Kirsten Schuster  die vier Gäste als echte Urgesteine der Islandpferdeszene vorstellte, machte Ullu Becker sofort klar, dass sie für ihren Teil sich eher als Fossil bezeichnen würde. Da hatte sie sofort die Lacher auf ihrer Seite.

Humor kennzeichnete den ganzen Abend und machte immer wieder deutlich: Die Anfangsjahre zeichneten sich durch jede Menge Spaß aus – und durch ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Man spürte: Es wurde begeistert, aber nicht verbissen mit den Pferden gearbeitet.

Und noch etwas wurde an diesem Abend klar: Man wusste fast nichts über das Islandpferd. Aber dadurch ließ man sich nicht abschrecken, im Gegenteil:

Mangelndes Know-how wurde durch die  Bereitschaft ausgeglichen, auszuprobieren, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Durch das Try-and-Error-Prinzip entwickelte man sich weiter und ließ die anderen an den Erfahrungen teilhaben.

Auf diese Weise lernte man das Islandpferd immer besser kennen und schließlich auch besser zu reiten. Und so manche lustige Geschichte und Anekdote begleitete diesen Weg.

Gerade die Jüngeren unter den Zuhörern wussten es vielleicht noch nicht: Ursula Bruns, Bestsellerautorin des Kinderbuches „Dick und Dalli und die Ponys“,  das später viele vor allem durch seine Verfilmung „Die Mädels vom Immenhof“ kennen, machte die Islandpferde in Deutschland bekannt.

Damals konnte mit den fremdartigen Gängen dieser kleinen Pferde aus dem Norden noch niemand so recht etwas anfangen.  Um ihnen auf die Spur zu kommen, filmte man mit der Super-8-Kamera die Füße und stoppte immer wieder den Film, um die Fußfolge zu betrachten, erklärt  Helga Podlich.

Und was „Valhopp“ wirklich ist, hat damals kaum jemand gewusst, geschweige denn erkennen können. Man verwechselte diese Form des langsamen Galopps mit der Galopprolle im Trab oder Tölt, berichtet sie schmunzelnd.

Die ersten „Turniere“ hießen damals „Ponytreffen“ und haben mit dem, was wir heute kennen, wenig zu tun. Da kamen Islandpferdebesitzer von überall her zusammen und der Wettkampf verlief wie folgt:

Ursula Bruns ritt alle Pferde  – und bestimmte den Sieger!

Die sportlichen Wettkämpfe entwickelten sich stetig weiter, aber gerade am Anfang war natürlich vieles anders und manches klingt für heutige Ohren befremdlilch. Die ersten Töltprüfungen z.B., wie Walter Feldmann erzählt, wurden auf Asphaltstraßen abgehalten, was man sich heute kaum noch vorstellen kann.

Ein begehrter Preis war das sogenannte Tölthorn, das sowohl auf der Europa- und späteren Weltmeisterschaft, als auch auf der Deutschen Meisterschaft als Wanderpokal verliehen wurde. Walter Feldmann erhielt es auf der 1. EM 1970,  Wolgang Berg auf der EM 1985 in Schweden.

Immer wieder gab es originelle Anreize bei Turnieren: Besonders begehrt waren die sogenannten Rennpassjacken, die nur die Reiter tragen durften, die in 26 Sekunden die Strecke von 250 m im Rennpass zurücklegen konnten.

Auch der Pferdetransport, ob von des Insel oder innerhalb des Landes, war in den Anfangsjahren immer ein kleines Abenteur und wurde im Laufe der Jahre professionalisiert.

Zunächst kamen die Pferde alle mit dem Schiff, später auch mit dem Flugzeug, erfahren wir, und man stelle sich vor: In der Flugkabine waren die Tiere zunächst nur durch ein Netz von dem Cockpit des Piloten getrennt und konnten sich frei bewegen. – Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht so verwunderlich, schließlich fuhr damals auch niemand mit Sicherheitsgurt Auto!

Beim Ausladen auf dem Flughafen Köln-Bonn hat es dadurch jedenfalls einmal  einen Zwischenfall gegeben: Ein Pferd entwischte und galoppierte  auf das Flugfeld.

Bis es wieder eingefangen war, lag der gesamte Flugbetrieb lahm – kein Flieger durfte  starten und die in der Luft mussten mehrere Warteschleifen drehen.

Vom Flugplatz oder Hafen ging es weiter mit dem Zug. Auch hier waren die Pferde nicht angebunden und das Ausladen deshalb immer spannend. Aber meistens ging alles glatt und es kam sogar vor, dass die Pferde ausstiegen und sich direkt nach Hause reiten ließen, erzählt Helga Podlech.

Die Erzählungen an diesem Abend wecken das Gefühl, dass am Rande der Turnierbahn von damals bis heute noch viele Geschichten und Anekdoten schlummern, die sich lohnen erzählt zu werden.

Bitte schickt oder erzählt sie uns, damit wir sie aufschreiben können und so für alle, die damals noch nicht dabei waren, aus vielen Puzzleteilen ein möglichst vollständiges und buntes Gesamtbild entsteht. –

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